9 Monate Mexiko: Dritter Quartalsbericht


Ein wenig traurig  schreibe ich diesen Text, denn es lässt mich realisieren: Ich habe nur noch 3 Monate in Mexiko. Die letzten 9 Monate vergingen unglaublich schnell, wobei es sich auch anfühlt, als wäre ich schon Ewigkeiten hier. Wie sich mein Leben in den letzten 3 Monaten im Arbeitskontext und auf persönlicher Ebene entwickelt hat, will ich im folgenden Bericht erläutern.



Arbeit:
Zum großen Teil habe ich die gleichen Aufgaben, wie schon in den vergangenen Monaten. Im Gartenmuseum Corazón de Jade übernehme ich einen großen Teil der Administration und Organisation und helfe im Garten mit. In Moxviquil unterstütze ich weiterhin die verschiedenen Workshops mit Umweltthematik für Kinder und Jugendliche. Jedoch haben sich diese Projekte auch weiterentwickelt und neue Aufgaben mit sich gebracht.
So wurde mir zum Beispiel für den Monat Mai die Verantwortung für unser wöchentliches „sozio-ambientale“ Kino übergeben. Das hieß, dass ich die Filme besorgen musste, Plakate drucken musste und allgemein für die Werbung zuständig war. Motiviert ging ich diese Aufgabe an und kann auch (ein wenig stolz) sagen, dass dieser Monat der erfolgreichste soweit war. Wir zeigen unter anderem Dokumentarfilme, Spielfilme und einen Kinderfilm, immer passend zum Thema des Monats. Meistens sind dies Filme, dich ich von mir aus nie gesehen hätte, aber im Nachhinein sehr zum Nachdenken anregen, gerade im Gespräch mit Arbeitskollegen. Für Interessierte, meine persönlichen Empfehlungen: Salt of the Earth, El Abrazo de la Serpiente, Los Últimos Guardianes del Peyote und Coco. Abgesehen vom Cine, macht das Gartenmuseum weiterhin Fortschritte. Wir konnten unsere Einnahmen und monatlichen Spenden weiterhin steigern, was uns für den Ausbau der Öko-Technologien und den Umwelt-Workshops hilft. So ist das Gewächshaus inzwischen mit sogenannten „Semilleros“ ausgestattet, praktisch gesehen große Blumentöpfe in denen wir Biogemüse anbauen und gegen Spenden verkaufen oder selber konsumieren. Das läuft so gut, dass ich gezwungen werde, fast jeden Tag Mangold zu essen, weil es einfach zu viel davon gibt (nicht dass ich mich beschweren würde). Auch das Bewässerungssystem läuft inzwischen, wir haben einen „Wurmkompost“ und bald soll ein weiterer großer Kompost eingerichtet werden, damit wir das ganze Grünzeug aus dem Garten gut nutzen können.

Weiterhin wollen wir bald in Zusammenarbeit mit einer Naturmedizinerin einen wöchentlichen Workshop für traditionelle Maya-Pflanzenheilkunde anbieten, kongruent mit der Funktion des Gartens als Museum für medizinische Pflanzen. Dafür arbeitet unsere Biologin außerdem weiter an der Katalogisierung und Ausschilderung der Pflanzen.                  
Um in Zukunft immer mehr Besucher zu bekommen, arbeite ich gerade stark daran, unsere Präsenz auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram zu stärken. Dies ist keine ganz leichte Aufgabe, doch durch Kooperationen mit „Influencern“ aus der Region (Personen/Seiten mit großer Reichweite auf sozialen Netzwerken) und konstantem Hochladen von Fotos aus dem Garten und unserer Aktivitäten konnten wir schon mehr Leute erreichen. Um einen besseren Einblick für unsere Arbeit zu bekommen, empfehle ich einen Blick auf die Facebook Seite „Corazón de Jade Museo Jardín“ und die Instagram Seite @casacorazondejade zu werfen.

Auch in der Reserva Moxviquil hat sich einiges getan. So haben wir vor ein paar Wochen auf Initiative eines anderen Freiwilligen einen Cross-Country Lauf durch das Naturreservat veranstaltet. Dies spielte sich zwar auf kleinem Rahmen ab, jedoch war es für uns als Team und für Moxviquil ein Erfolg, da wir weitere Einnahmen hatten und mehr Interesse für das Reservat wecken konnten. Der Lauf bestand aus zwei Runden des üblichen Wanderweges, ca. 4,4 Kilometer. Dies klingt zwar recht entspannt, aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass es aufgrund der starken Steigung und allgemeinen Höhe von 2500 Metern über dem Meeresspiegel sehr anstrengend ist. Trotzdem genossen alle TeilnehmerInnen den Lauf und abschließend nahmen sogar ein paar Kinder auf einer verkürzten Strecke teil.

Eins meiner eindrucksvollsten Erfahrungen war ein Ausflug in eine Comunidad (kleines Dorf) an der Küste im Süden Chiapas‘. Die Mutterorganisation meines Projektes namens ProNatura Sur A.C. suchte zwei Freiwillige, um Befragungen in der Comunidad zu machen. Mit ein wenig Bedenken aber großer Neugier bot ich also meine Hilfe an und zusammen mit zwei Mitarbeitern von ProNatura und einer anderen Freiwilligen fuhren wir für ein paar Tage in diese Comunidad im Municipio Huixtla. Konkret ging es darum, dass die Bewohner dieser Region traditionell Leguane und Schildkröten in den dort gelegenen Feuchtgebieten und Mangroven jagen. Dafür starten sie kleine Feuer, um die Tiere aus den hohen Gräsern herauszulocken. Diese Feuer geraten aber oft außer Kontrolle und brennen somit große Teile dieser, aus biodiverser Perspektive gesehen, sehr wertvollen Gebiete ab. Deswegen möchte ProNatura im Sommer eine Kampagne starten, in der sie Pop-Lieder verbreiten, die die Bewohner über diese Problematiken informieren sollen. Um die Wirksamkeit dieser Kampagne zu überprüfen, sollten wir die Bewohner ein paar Fragen stellen, die uns über ihren Wissensstand bezüglich der Ursachen der Feuer und anderen Umweltproblematiken informieren. Die Ergebnisse zeigten, dass nur ein Bruchteil der dort lebenden Menschen sich der Wichtigkeit der Mangroven bewusst war oder zum Beispiel erklären konnte, was der globale Klimawandel ist. Somit kann man nur erhoffen, dass die Kampagne zur Aufklärung der Bevölkerung wirksam ist und sich die Situation verbessert.    

Insgesamt waren es vier anstrengende Tage, da es in dieser Region unglaublich heiß und feucht ist, ein Traum für Moskitos und jegliche Form von Insekten. Trotzdem war es für mich eine sehr lehrreiche Erfahrung, zum einen in einem so abgelegenen Ort zu sein, ohne fließend Wasser, zum anderen mit den Menschen von dort zu reden und einen anderen Teil Mexikos zu sehen. Abgesehen davon habe ich noch nie in meinem Leben so viele Mangos gesehen, jeder hatte mindestens einen Baum hinter dem Haus, ein Traum einer jeden Veganerin. Unsere 100 Befragungen hatten wir schnell fertig, sodass wir schon einen Tag früher abreisten. Mit einem großen Lächeln im Gesicht empfing ich die Kälte in San Cristóbal.

Die letzten Monate konzentrieren sich auf die Planung und Ausführung des „Curso de Verano“, ein Sommerferienkurs für Kinder und Jugendliche, den Moxviquil jedes Jahr anbietet. Ich wurde für „Actividad Física“ und „Música y Cantos“ eingeteilt (Sportliche Aktivitäten und Musik und Gesang), womit ich sehr zufrieden bin und auch schon einige Ideen habe. Für alle drei Altersgruppen muss ich mir je 3 Aktivitäten pro Woche ausdenken. Mitte Juli fängt der Curso de Verano an und geht dann bis Mitte August.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinem Projekt, gerade da ich sehr gut mit meinen MitarbeiterInnen klarkomme und ich auch einiges an Verantwortung bekomme.

Persönlich:
Auch persönlich geht es mir weiterhin sehr gut in San Cristóbal. Ich fühle mich sehr wohl in der Stadt und habe das Gefühl, gut Anschluss gefunden zu haben. In meiner Freizeit gehe ich trainieren und gehe mit FreundInnen ins Zentrum aus, eigentlich sehr ähnlich wie auch schon in Deutschland. Im Spanischen fühle ich mich auch inzwischen schon sehr sicher, an sich verstehe ich alles und kann mich immer fließend ausdrücken, nur mit dem mexikanischem Slang hadert es manchmal ein wenig. Aber mit der Hilfe meiner mexikanischen Freunde und Freundinnen geht das auch schon immer besser, sodass mir auch gelegentlich mal ein „No mames“ entfährt.

Weiterhin genieße ich immer meine Ausflüge in andere Teile Mexikos oder Chiapas‘. So fuhr ich über Semana Santa zum Beispiel mit ein paar Freunden zu ein paar Wasserfällen, wo wir mit Wasserrauschen im Hintergrund mitten im Nichts campen konnten. Und vor ein paar Wochen entschloss ich mich kurzfristig für ein paar Tage nach Oaxaca Stadt zu fahren, was ca. 12 Stunden  von San Cristóbal entfernt liegt und wirklich sehr schön ist. Gerade für einen Kunst und Essens Fan wie mich ist Oaxaca ein Traum und drum herum gibt es auch einiges zu sehen.
Weil es mir hier so gut gefällt, hatte ich eine Zeit lang auch überlegt, meinen Aufenthalt für 7 oder 8 Monate zu verlängern. Ich kam dann aber zu dem Schluss, dass ich mit dem Studium anfangen möchte, da ich mich hier zu Zeiten ein wenig unterfordert fühle. Manchmal habe ich den Eindruck, immer mehr in eine Blase der Gemütlichkeit oder Faulheit zu fallen. Körperlich stimmt das zwar nicht, da ich so viel Sport mache, wie noch nie in meinem Leben. Aber intellektuell und persönlich brauche ich wieder mehr Anreiz und neue Herausforderungen, die mir das Studium und der Umzug in eine neue Stadt bringen werden. Von daher heißt es für mich schon sehr bald Abschied von Mexiko, meinem Projekt  und all den Menschen, die ich hier kennengelernt habe und die meinen Aufenthalt prägen. Mir scheint, dass die Zeit unglaublich schnell vergangen ist, aber auch, dass ich schon seit Ewigkeiten hier bin. Ich freue mich sehr, meine Familie und Freunde wiederzusehen und einen neuen Lebensabschnitt anzufangen, auch wenn es mich nervös macht und der Abschied hier schwer wird. Aber dafür nehme ich vieles mit (unter anderem natürlich Souvenirs und Mezcal) und komme bestimmt wieder zurück.

Rückblickend wirkt dieser Bericht so, als ob ich schon auf dem Weg nach Hause wäre, dabei hab ich ja noch Zeit hier. Somit hoffe ich also auf spannende, interessante und schöne letzte Monate in Mexiko.

Liebe Grüße, Saludos!
Alex

Gewächshaus mit Biogemüse




Workshop in Corazón de Jade
Workshop in Moxviquil
Befragungen in Huixtla
Cross-Country Lauf Giro Moxviquil
Oaxaca Stadt
Hierve el Agua - versteinerte Wasserfälle in Oaxaca
Crossfit Wettkampf


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